Was sagt das Regelwerk?

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Was sagt das Regelwerk?

Die Planung und der Betrieb eines Wasserversorgungsnetzes erfordert eine Reihe von Strategien und Zielvorgaben. Maßgebend für den anerkannten Stand der Technik für Wasserversorgungssysteme ist das dreiteilige Arbeitsblatt der DVGW W-400 „Technische Regeln Wasserverteilungsanlagen (TRWV)“ von 2015. Hiernach sind die Netze möglichst wirtschaftlich und nachhaltig zu planen und zu betreiben, sodass eine hohe Versorgungssicherheit, gute Trinkwasserqualität, einfache Erweiterungsmöglichkeiten sowie eine einfache Überwachung des Netzes erzielt werden können.

 

Wasserqualität und Fließgeschwindigkeit

Nach dem Arbeitsblatt DVGW W 400-1 muss die Trinkwasserqualität im Versorgungsnetz den Anforderungen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) sowie der DIN 2000 entsprechen. Während die TrinkwV die Anforderungen an die Beschaffenheit des Trinkwassers, die Pflichten der Wasserversorger und die Überwachung durch das Gesundheitsamt regelt, gibt die DIN 2000 Leitsätze für die Planung, den Bau, den Betrieb und die Instandhaltung von Wasserversorgungsanlagen vor.

Allgemein verlangt die Erhaltung einer einwandfreien Trinkwasserbeschaffenheit einerseits die Verwendung chemisch, mikrobiologisch und gesundheitlich unbedenklicher Stoffe in Trinkwasserversorgungsanlagen. Andererseits müssen die Netze so betrieben werden, dass lange Verweilzeiten im Netz (Stagnation) vermieden werden, da diese zu einer Beeinträchtigung der Wasserqualität (Trübung, Färbung, Geschmacksbeeinträchtigung, Ablagerung bis hin zur Verkeimung) führen kann. Stagnation tritt häufig auf in Stichleitungen zu Hydranten, Endleitungen, Leitungen für späteren Anschluss, überdimensionierte Leitungen. Aus diesem Grund ist eine Fließgeschwindigkeit im Verteilungsnetz von 0,005 m/s beim mittleren Stundendurchfluss nicht zu unterschreiten. Darüber hinaus sind Spülmöglichkeiten zur Wassererneuerung einzuplanen. Zur Vermeidung von Ablagerungen im Netz (z.B. durch Korrosionsprodukte) wird eine Fließgeschwindigkeit einmal am Tag > 0.3 m/s empfohlen.

 

Fließgeschwindigkeit nach DVGW W 400-1

Fließgeschwindigkeit nach DVGW W 400-1

 

Hygienisch problematisch sind Ablagerungen wegen der Gefahr der Anreicherung von Bakterien (coliforme) und Nährstoffen, daher ist eine regelmäßige Spülung erforderlich.

Unter regelkonformen Betriebsbedingungen normalerweise stabiler Biofilm -> keine Kolonialzahlerhöhung

Wichtig: Wassertemperatur < 20°C. Wird infolge der Klimaveränderung immer häufiger überschritten.

Desinfektion birgt das Risiko, dass der Biofilm und das Gleichgewicht gestört werden und es dazu erst recht zur Aufkeimung kommt.

Auch Spülungen können den Biofilm vorübergehend (ca. 2 Wochen nach Spülung) schädigen.

 

- Rückfluss ins Netz muss verhindert werden

 

Während geringe Fließgeschwindigkeiten lange Verweilzeiten im Versorgungsnetz verursachen, führen hohe Fließgeschwindigkeiten zu erheblichen Druckverlusten und Druckstößen sowie zu hohen Förderkosten. Aus diesem Grund sollte die Fließgeschwindigkeit im Netz für einen wirtschaftlichen Betrieb zwischen 0,60 und 1,75 m/s in Abhängigkeit der Nennweite liegen [Merkl, 2008, Baur et al., 2019]. Nach DVGW W 400-1 ist die maximale Fließgeschwindigkeit von 2,0 m/s im Netz und von 2,5 m/s bei kurzzeitigen Spitzendurchflüssen in einzelnen Anschlussleitungen und Armaturen nicht zu überschreiten.

 

Wirtschaftliche Fließgeschwindigkeit!

 

Versorgungsdruck

Wasserversorgungsunternehmen sind nach AVB [2006] dazu verpflichtet, das Wasser unter dem Versorgungsdruck zu liefern, der für eine einwandfreie Deckung des normalem Bedarfs im Versorgungsgebiet erforderlich ist. Davon kann aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen abgewichen werden, wobei hier die Belange des Kunden möglichst zu berücksichtigen sind. Der erforderliche Mindestdruck am ungünstigsten Punkt des Versorgungsgebietes richtet sich nach der überwiegenden ortsüblichen Geschosszahl der Bebauung in der Druckzone, und sollte zwischen 2 und 4 bar an der Abzweigstelle der Anschlussleitung von der Versorgungsleitung (vor dem Wasserzähler!) liegen. Somit wird verhindert, dass der erforderliche Druck von 1,0 bar an der hydraulisch ungünstigsten (i.d.R. höchstgelegenen) Entnahmestelle im Versorgungsnetz unterschritten wird. Hintergrund: 1,0 bar für Druckverlust von Abzweigstelle des Hausanschlusses bis zur höchstgelegenen Entnahmestelle. Für jedes Geschoss ist eine Erhöhung um 0,35 bar anzusetzen. Damit ergeben sich folgende Mindestversorgungsdrücke:

 

Gebäude

min. SP (min. Versorgungsdruck)

EG

2,00 bar

EG  und 1 OG

2,35 bar

EG  und 2 OG

2,70 bar

EG  und 3 OG

3,05 bar

EG  und 4 OG

3,40 bar

 

Versorgungsdruck nach DVGW W 400-1 und DVGW W 405

Versorgungsdruck nach DVGW W 400-1 und DVGW W 405

 

Der erforderliche Versorgungsdruck darf bei Spitzenverbrauch an wenigen Stunden im Jahr oder in ausgeprägten Hochlagen kurzfristig um 0,5 bar verringert werden.

Bezüglich des Versorgungsdruckes im Brandfall werden die Anforderungen an die letungsgebundene Bereitstellung von Löschwasser durch die öffentliche Wasserversorgung im DVGW Arbeitsblatt W 405 geregelt und im Modul 3 vertieft.